Kurzbeschreibung

Trotz des verlorenen Weltkriegs und der Aufklärung über die Verbrechen des NS-Regimes hielt rund die Hälfte der Deutschen in der amerikanischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1947 am Programm des Nationalsozialismus fest und kritisierte lediglich dessen Ausführung.

Besonders weit verbreitet war diese Einstellung bei jüngeren Deutschen, die ihre politische

Prägung vollständig im „Dritten Reich“ erhielten, bei Protestanten und bei den Anhängern der neu gegründeten Liberalen Partei, die in ihren Anfängen ein Sammelbecken rechter Kräfte

darstellte. Deutlich zurückgewiesen wurde diese Ansicht dagegen in einem katholischen

Kerngebiet wie Bayern.

OMGUS-Umfragen: Trends in der Einstellung zum Nationalsozialismus (1945–47)

Quelle

Trends in der Einstellung zum Nationalsozialismus

Befragte: eine unspezifische Zahl, stellvertretend für einen Querschnitt der Erwachsenen in der amerikanischen Zone und im amerikanischen und britischen Sektor Berlins.

Untersuchungszeitraum: zwischen November 1945 und August 1947 (5 Seiten).

Trotz Fluktuationen blieb der Anteil der Deutschen, die den Nationalsozialismus für eine gute, nur schlecht umgesetzte Idee hielten, gleichbleibend recht hoch – von 53 Prozent im November 1945 über einen Tiefststand von 42 Prozent im Juli 1946 auf wiederum 55 Prozent im August 1947. Die Zahl jener, die ihn für eine schlechte Idee hielten, erhöhte sich von 41 Prozent im November 1945 auf 48 Prozent im Juli 1946, ging aber erneut auf 35 Prozent im August 1947 zurück. Man kann diesen Trend auch so beschreiben: In der Zeit zwischen November 1945 und Juli 1946 betrug der Durchschnitt der Menschen, die den Nationalsozialismus für eine grundlegend gute Idee hielten, 48 Prozent; zwischen Dezember 1946 und August 1947 betrug er 52 Prozent.

Im Juli 1947 standen die Meinungen in dieser Frage im Zusammenhang mit Einstellungen zu Demokratie, individueller Freiheit gegenüber ökonomischer Sicherheit und der Verantwortung Hitlers und seiner Berater für seine Handlungen. Leute, die dazu neigten, den Nationalsozialismus zu entschuldigen, waren am ehesten bereit, das Funktionieren der Demokratie zu bemängeln (42%), die Sicherheit (70%) der Freiheit (22%) vorzuziehen sowie die Schuld für Hitlers Handlungen seinen Beratern zuzuschieben (32%) und weniger Hitler selbst (25%), wobei weitere 37% die Verantwortung bei beiden sahen.

Im August 1947 waren diejenigen Bevölkerungsgruppen mit den höchsten Anzahlen an Personen, die den Nationalsozialismus für eine nur schlecht umgesetzte gute Idee hielten, Personen mit acht Jahren Schulbildung (60%), Personen unter 30 (68%), Protestanten (64%) und LDP/DVP-Parteiangehörige (68%). Mehr West-Berliner (62%) vertraten diese Meinung als Hessen (61%), Bewohner von Württemberg-Baden (60%) und Bayern (50%); die Bayern führten die Liste jener an, die den Nazionalsozialismus für eine schlechte Idee hielten (38%), gefolgt von den West-Berlinern und Hessen (33%) sowie den Einwohnern von Württemberg-Baden (31%).

Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 171–72.

Übersetzung: Erica Fisher