Kurzbeschreibung

Kann ein Komponist des neunzehnten Jahrhunderts auch nur teilweise für einen Völkermord des zwanzigsten Jahrhunderts verantwortlich gemacht werden? Der Fall Richard Wagner und seines Aufsatzes „Das Judenthum in der Musik“ wirft seit Jahrzehnten genau diese Frage in der Wissenschaft auf, denn Hitler und die Nazis waren glühende Verehrer von Wagners Werk. Der hier in Auszügen wiedergegebene Aufsatz wurde erstmals 1850 unter dem Pseudonym „K. Freigedenk“ in der Neuen Zeitschrift für Musik veröffentlicht. Er wurde 1869 in einer stark erweiterten Ausgabe unter Wagners eigenem Namen neu aufgelegt. Wagner widmete den Aufsatz der Adeligen Marie Muchanoff (geb. Gräfin Maria von Nesselrode-Ehreshoven), einer Pianistin, Kunstmäzenin und Salonnière, deren Großmutter väterlicherseits Jüdin war. Es ist Muchanoff, an die sich Wagner wendet, wenn er „hochverehrte Frau“ schreibt. Der Aufsatz greift insbesondere die Komponisten Giacomo Meyerbeer und Felix Mendelssohn an, aber auch den jüdischen Einfluss in der deutschen Musik im Allgemeinen. Wagner behauptet, dass die zweifelhafte Beherrschung der deutschen Sprache durch die Juden und ihre künstliche Virtuosität einen bösen Einfluss auf die deutsche Kultur darstellten, der nicht länger toleriert werden dürfe. Viele andere antisemitische Stereotypen finden sich in Wagners Text, zum Beispiel die Darstellung der Juden als heimtückische Außenseiter. Im letzten Absatz des Aufsatzes überlegt Wagner, ob eine „gewaltsame Auswerfung des zersetzenden fremden Elementes“ die deutsche Kultur retten könne. Wissenschaftler/innen debattieren nach wie vor über Wagners Motive für die Veröffentlichung eines Aufsatzes, der seine Freunde fast ebenso sehr in Verlegenheit brachte wie seine Feinde. Das gilt auch für Israelis. Seine Musik wurde in Israel erst 2001 aufgeführt, als das Vorspiel zu Tristan und Isolde in Tel Aviv in einem Konzert unter der Leitung von Daniel Barenboim gespielt wurde – mit sehr gemischtem Echo. Bezeichnenderweise wurde es bei dieser Gelegenheit als nicht programmierte Zugabe aufgeführt.

Richard Wagner, „Das Judenthum in der Musik“ (1850/1869)

Quelle

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Wir haben nicht erst nötig, die Verjüdung der modernen Kunst zu bestätigen; sie springt in die Augen und bestätigt sich den Sinnen von selbst. Viel zu weit ausholend würden wir auch verfahren müssen, wollten wir uns aus dem Charakter unsrer Kunstgeschichte selbst diese Erscheinung nachweislich zu erklären unternehmen. Dünkt uns aber das Notwendigste die Emanzipation von dem Drucke des Judenthumes, so müssen wir es vor Allem für wichtig erachten, unsre Kräfte zu diesem Befreiungskampfe zu prüfen. Diese Kräfte gewinnen wir aber nun nicht aus einer abstrakten Definition jener Erscheinung selbst, sondern aus dem genauen Bekanntwerden mit der Natur der uns innewohnenden unwillkürlichen Empfindung, die sich uns als instinktmäßiger Widerwille gegen das jüdische Wesen äußert: an ihr, der unbesieglichen, muß es uns, wenn wir sie ganz unumwunden eingestehen, deutlich werden, was wir an jenem Wesen hassen; was wir dann bestimmt kennen, dem können wir die Spitze bieten; ja schon durch seine nackte Aufdeckung dürfen wir hoffen, den Dämon aus dem Felde zu schlagen, auf dem er sich nur im Schutze eines dämmerigen Halbdunkels zu halten vermag, eines Dunkels, das wir gutmütigen Humanisten selbst über ihn warfen, um uns seinen Anblick minder widerwärtig zu machen.

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Eine Sprache, ihr Ausdruck und ihre Fortbildung ist nicht das Werk Einzelner, sondern einer geschichtlichen Gemeinsamkeit: nur wer unbewußt in dieser Gemeinsamkeit aufgewachsen ist, nimmt auch an ihren Schöpfungen teil. Der Jude stand aber außerhalb einer solchen Gemeinsamkeit, einsam mit seinem Jehova in einem zersplitterten, bodenlosen Volksstamme, welchem alle Entwicklung aus sich versagt bleiben mußte, wie selbst die eigentümliche (hebräische) Sprache dieses Stammes ihm nur als eine tote erhalten ist. In einer fremden Sprache wahrhaft zu dichten, ist nun bisher selbst den größten Genies noch unmöglich gewesen. Unsere ganze europäische Zivilisation und Kunst ist aber für den Juden eine fremde Sprache geblieben; denn, wie an der Ausbildung dieser, hat er auch an der Entwicklung jener nicht teilgenommen, sondern kalt, ja feindselig hat der Unglückliche, Heimatlose ihr höchstens nur zugesehen. In dieser Sprache, dieser Kunst kann der Jude nur nachsprechen, nachkünsteln, nicht wirklich redend dichten oder Kunstwerke schaffen.

Im Besonderen widert uns nun aber die rein sinnliche Kundgebung der jüdischen Sprache an. Es hat der Kultur nicht gelingen wollen, die sonderliche Hartnäckigkeit des jüdischen Naturells in Bezug auf Eigentümlichkeiten der semitischen Aussprechweise durch zweitausendjährigen Verkehr mit europäischen Nationen zu brechen. Als durchaus fremdartig und unangenehm fällt unsrem Ohre zunächst ein zischender, schrillender, summsender und murksender Lautausdruck der jüdischen Sprechweise auf: eine unsrer nationalen Sprache gänzlich uneigentümliche Verwendung und willkürliche Verdrehung der Worte und der Phrasenkonstruktionen gibt diesem Lautausdruck vollends noch den Charakter eines unerträglich verwirrten Geplappers, bei dessen Anhörung unsre Aufmerksamkeit unwillkürlich mehr bei diesem widerlichen Wie, als bei dem darin enthaltenen Was der jüdischen Rede verweilt. Wie aus­nehmend wichtig dieser Umstand zur Erklärung des Eindrucks namentlich der Musikwerke moderner Juden auf uns ist, muß vor Allem erkannt und festgehalten werden. Hören wir einen Juden sprechen, so verletzt uns unbewußt aller Mangel rein menschlichen Ausdrucks in seiner Rede: die kalte Gleichgültigkeit des eigentümlichen „Gelabbers“ in ihr steigert sich bei keiner Veranlassung zur Erregtheit höherer, herzdurchglühter Leidenschaft. Sehen wir uns dagegen im Gespräch mit einem Juden zu diesem erregteren Ausdrucke gedrängt, so wird er uns stets ausweichen, weil er zur Erwiderung unfähig ist. Nie erregt sich der Jude im gemeinsamen Austausche der Empfindungen mit uns, sondern uns gegenüber, nur im ganz besonderen egoistischen Interesse seiner Eitelkeit oder seines Vorteils, was solcher Erregtheit, bei dem entstellenden Ausdruck seiner Sprechweise überhaupt, dann immer den Charakter des Lächerlichen gibt, und uns Alles, nur nicht Sympathie, für des Redenden Interesse zu erwecken vermag. Muß es schon denkbar erscheinen, daß bei gemeinschaftlichen Anliegenheiten unter einander, und namentlich da, wo in der Familie die rein menschliche Empfindung zum Durchbruche kommt, gewiß auch Juden ihren Gefühlen einen Ausdruck zu geben vermögen, der für sie gegenseitig von entsprechender Wirkung ist, so kann das doch hier nicht in Betrachtung kommen, wo wir den Juden zu vernehmen haben, der im Lebens- und Kunstverkehr geradewegs zu uns spricht.

Macht nun die hier dargetane Eigenschaft seiner Sprechweise den Juden fast unfähig zur künstlerischen Kundgebung seiner Gefühle und Anschauungen durch die Rede, so muß zu solcher Kundgebung durch den Gesang seine Befähigung noch bei weitem weniger möglich sein. Der Gesang ist eben die in höchster Leidenschaft erregte Rede: die Musik ist die Sprache der Leidenschaft. Steigert der Jude seine Sprechweise, in der er sich uns nur mit lächerlich wirkender Leidenschaftlichkeit, nie aber mit sympathisch berührender Leidenschaft zu erkennen geben kann, gar zum Gesang, so wird er uns damit geradewegs unausstehlich. Alles, was in seiner äußeren Erscheinung und seiner Sprache uns abstoßend berührte, wirkt in seinem Gesange auf uns endlich davonjagend, so lange wir nicht durch die vollendete Lächerlichkeit dieser Erscheinung gefesselt werden sollten. Sehr natürlich gerät im Gesange, als dem lebhaftesten und unwiderleglich wahrsten Ausdrucke des persönlichen Empfindungswesens, die für uns widerliche Besonderheit der jüdischen Natur auf ihre Spitze, und auf jedem Gebiete der Kunst, nur nicht auf demjenigen, dessen Grundlage der Gesang ist, sollten wir, einer natürlichen Annahme gemäß, den Juden je für kunstbefähigt halten dürfen.

Die sinnliche Anschauungsgabe der Juden ist nie vermögend gewesen, bildende Künstler aus ihnen hervorgehen zu lassen: ihr Auge hat sich von je mit viel praktischeren Dingen befaßt, als da Schönheit und geistiger Gehalt der förmlichen Erscheinungswelt sind. Von einem jüdischen Architekten oder Bildhauer kennen wir in unsren Zeiten, meines Wissens, Nichts: ob neuere Maler jüdischer Abkunft in ihrer Kunst wirklich geschaffen haben, muß ich Kennern von Fach zur Beurteilung überlassen; sehr vermutlich dürften aber diese Künstler zur bildenden Kunst keine andere Stellung einnehmen, als diejenige der modernen jüdischen Komponisten zur Musik ist, zu deren genauerer Beleuchtung wir uns nun wenden.

Der Jude, der an sich unfähig ist, weder durch seine äußere Erscheinung, noch durch seine Sprache, am allerwenigsten aber durch seinen Gesang, sich uns künstlerisch kundzugeben, hat nichtsdestoweniger es vermocht, in der verbreitetsten der modernen Kunstarten, der Musik, zur Beherrschung des öffentlichen Geschmackes zu gelangen. – Betrachten wir, um uns diese Erscheinung zu erklären, zunächst, wie es dem Juden möglich ward, Musiker zu werden. –

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Die Möglichkeit, in ihr zu reden, ohne etwas Wirkliches zu sagen, bietet jetzt keine Kunst in so blühender Fülle, als die Musik, weil in ihr die größten Genies bereits das gesagt haben, was in ihr als absoluter Sonderkunst zu sagen war. War dieses einmal ausgesprochen, so konnte in ihr nur noch nachgeplappert werden, und zwar ganz peinlich genau und täuschend ähnlich, wie Papageien menschliche Wörter und Reden nachpapeln, aber ebenso ohne Ausdruck und wirkliche Empfindung, wie diese närrischen Vögel es tun. Nur ist bei dieser nachäffenden Sprache unsrer jüdischen Musikmacher eine besondere Eigentümlichkeit bemerkbar, und zwar die der jüdischen Sprechweise überhaupt, welche wir oben näher charakterisierten.

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Wer hat nicht Gelegenheit gehabt, von der Fratze des gottesdienstlichen Gesanges in einer eigentlichen Volks-Synagoge sich zu überzeugen? Wer ist nicht von der widerwärtigsten Empfindung, gemischt von Grauenhaftigkeit und Lächerlichkeit, ergriffen worden beim Anhören jenes Sinn und Geist verwirrenden Gegurgels, Gejodels und Geplappers, das keine absichtliche Karikatur widerlicher zu entstellen vermag, als es sich hier mit vollem, naivem Ernste darbietet? In der neueren Zeit hat sich der Geist der Reform durch die versuchte Wiederherstellung der älteren Reinheit in diesen Gesängen zwar auch rege gezeigt: was von Seiten der höheren, reflektierenden jüdischen Intelligenz hier geschah, ist aber eben nur ein, seiner Natur nach fruchtloses Bemühen von Oben herab, welches nach Unten nie in dem Grade Wurzel fassen kann, daß dem gebildeten Juden, der eben für seinen Kunstbedarf die eigentliche Quelle des Lebens im Volke aufsucht der Spiegel seiner intelligenten Bemühungen als diese Quelle entgegenspringen könnte. Er sucht das Unwillkürliche, und nicht das Reflektierte, welches eben sein Produkt ist; und als dieses Unwillkürliche gibt sich ihm gerade nur jener verzerrte Ausdruck kund.

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Wie in diesem Jargon mit wunderlicher Ausdruckslosigkeit Worte und Konstruktionen durcheinandergeworfen werden, so wirft der jüdische Musiker auch die verschiedenen Formen und Stilarten aller Meister und Zeiten durch einander. Dicht neben einander treffen wir da im buntesten Chaos die formellen Eigentümlichkeiten aller Schulen angehäuft. Da es sich bei diesen Produktionen immer nur darum handelt, daß überhaupt geredet werden soll, nicht aber um den Gegenstand, welcher sich des Redens erst verlohnte, so kann dieses Geplapper eben auch nur dadurch irgendwie für das Gehör anregend gemacht werden, daß es durch den Wechsel der äußerlichen Ausdrucksweise jeden Augenblick eine neue Reizung zur Aufmerksamkeit darbietet. Die innerliche Erregung, die wahre Leidenschaft fin­det ihre eigentümliche Sprache in dem Augenblicke, wo sie, nach Verständnis ringend, zur Mitteilung sich anläßt: der in dieser Beziehung von uns bereits näher charakterisierte Jude hat keine wahre Leidenschaft, am allerwenigsten eine Leidenschaft, welche ihn zum Kunstschaffen aus sich drängte. Wo diese Leidenschaft nicht vorhanden ist, da ist aber auch keine Ruhe anzutreffen: wahre, edle Ruhe ist nichts Anderes, als die durch Resignation beschwichtigte Leidenschaft. Wo der Ruhe nicht die Leidenschaft vorangegangen ist, erkennen wir nur Trägheit: der Gegensatz der Trägheit ist aber nur jene prickelnde Unruhe, die wir in jüdischen Musikwerken von Anfang bis zu Ende wahrnehmen, außer da, wo sie jener geist- und empfin­dungslosen Trägheit Platz macht. Was so der Vornahme der Juden, Kunst zu machen, entsprießt, muß daher notwendig die Eigenschaft der Kälte, der Gleichgültigkeit, bis zur Trivialität und Lächerlichkeit an sich haben, und wir müssen die Periode des Judenthums in der modernen Musik geschichtlich als die der vollendeten Unproduktivität, der verkommenden Stabilität bezeichnen.

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Ich sagte gelegentlich zuletzt, die von Seiten der Juden mir widerfahrene Verfolgung habe bisher mir noch nicht das Publikum, welches überall mit Wärme mich aufnahm, entfremden können. Dieses ist richtig. Jedoch muß ich dem nun hinzufügen, daß jene Verfolgung allerdings geeignet ist, mir die Wege zum Publikum, wenn nicht zu verschließen, so doch derart zu er­schweren, daß endlich wohl auch nach dieser Seite hin der Erfolg der feindlichen Bemühungen vollständig zu werden versprechen dürfte. Bereits erleben Sie, daß, nachdem meine früheren Opern fast überall auf den deutschen Theatern sich Bahn gebrochen haben und dort mit stetem Erfolge gegeben worden sind, jedes meiner neueren Werke auf ein träges, ja feindselig ablehnendes Verhalten dieser selben Theater stößt: meine früheren Arbeiten waren nämlich schon vor der Judenagitation auf die Bühne gedrungen, und ihrem Erfolge war nicht mehr viel anzuhaben. Nun aber hieß es, meine neuen Arbeiten seien nach den von mir seitdem veröffentlichten „unsinnigen“ Theorien verfaßt, ich sei damit aus meiner früheren Unschuld gefallen, und kein Mensch könne meine Musik jetzt mehr anhören. Wie nun das ganze Judenthum nur durch die Benutzung der Schwächen und der Fehlerhaftigkeit unsrer Zustände Wurzel unter uns fassen konnte, so fand die Agitation auch hier sehr leicht den Boden, auf welchem – unrühmlich genug für uns! – Alles zu ihrem endlichen Erfolge vorgebildet liegt. In welchen Händen ist die Leitung unsrer Theater, und welche Tendenz befolgen diese Theater? Hierüber habe ich mich öfters und zur Genüge ausgesprochen, zuletzt auch noch in meiner größeren Abhandlung über Deutsche Kunst und deutsche Politik die weitverzweigten Gründe des Verfalles unserer theatralischen Kunst ausführlicher bezeichnet. Glauben Sie, daß ich damit in den betreffenden Sphären mich beliebt gemacht hätte? Nur mit größter Abneigung, sie haben dies bewiesen, gehen jetzt die Administrationen der Theater an die Aufführung eines neuen Werkes von mir[1]: sie könnten aber hierzu gezwungen werden durch die meinen Opern allgemein günstige Haltung des Publikums; wie willkommen muß ihnen nun der Vorwand sein, welcher so leicht sich daraus ziehen läßt, daß meine neueren Arbeiten doch so allgemein in der Presse, und noch dazu im einflußreichsten Teile derselben, bestritten wären?

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Das Gebrechen alles deutschen Assoziationswesens mußte aber auch hier um so eher sich herausstellen, als mit einem Vereine deutscher Musiker nicht etwa nur den machtvollen Sphären der staatlichen, von den Regierungen geleiteten Organisationen, wie mit anderen, zu gleicher Wirkungslosigkeit verurteilten freien Vereinigungen es der Fall ist, sondern dabei noch den Interessen der allermächtigsten Organisation unsrer Zeit, der des Judenthums, entgegen­getreten wurde. Offenbar konnte ein großer Verein von Musikern nur auf dem praktischen Wege vorzüglichster Musteraufführungen für die Ausbildung des deutschen Musikstiles wichtiger Werke eine erfolgreiche Betätigung ausüben; hierzu gehörten Mittel; der deutsche Musiker ist aber arm: wer wird ihm helfen? Gewiß nicht das Reden und Disputieren über Kunstinteressen, welches unter Vielen nie einen Sinn haben kann, und leicht zum Lächerlichen führt.

Jene uns fehlende Macht gehörte aber dem Judenthum. Die Theater den Junkern und dem Kulissenjux, die Konzertinstitute den Musikjuden: was blieb uns da noch übrig? Etwa ein kleines Musikblatt, das über den Ausfall der allzweijährlichen Zusammenkünfte Bericht gab.

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Wie Sie sehen, verehrte Frau, bezeuge ich Ihnen hiermit den vollständigen Sieg des Judenthums auf allen Seiten; und wenn ich mich jetzt noch einmal laut darüber ausspreche, so geschieht dies wahrlich nicht in der Meinung, ich könnte der Vollständigkeit dieses Sieges noch in Etwas Abbruch tun. Da nun andrerseits meine Darstellung des Verlaufes dieser eigentümlichen Kulturangelegenheit des deutschen Geistes zu besagen scheint, dieses sei das Ergebnis der durch meinen früheren Artikel unter den Juden hervorgerufenen Agitation, so läge Ihnen viel­leicht auch die neue verwunderungsvolle Frage darnach nicht fern, warum ich denn durch jene Herausforderung eben diese Agitation als Reaktion hervorgerufen hätte?

Ich könnte mich hierfür damit entschuldigen, daß ich zu diesem Angriffe nicht durch Erwägung der „causa finalis“, sondern einzig durch den Antrieb der „causa efficiens“ (wie der Philosoph sich ausdrückt) bestimmt worden sei. Gewiß hatte ich schon bei der Abfassung und Veröffentlichung jenes Aufsatzes Nichts weniger im Sinne, als den Einfluß der Juden auf unsre Musik mit Aussicht auf Erfolg noch zu bekämpfen: die Gründe ihrer bisherigen Erfolge waren mir damals bereits so klar, daß es mir jetzt, nach über achtzehn Jahren, gewissermaßen zur Genugtuung dient, durch die Wiederveröffentlichung desselben dieses bezeugen zu können. Was ich damit bezwecken wollte, könnte ich daher nicht klar bezeichnen, dagegen nur eben mich darauf berufen, daß die Einsicht in den unvermeidlichen Verfall unsrer Musikzustände mir die innere Nötigung zur Bezeichnung der Ursachen davon auferlegte. Vielleicht lag es aber doch auch meinem Gefühle nahe, eine hoffnungsreiche Annahme noch damit zu verbinden: dies enthüllt Ihnen die Schlußapostrophe des Aufsatzes, mit welcher ich mich an die Juden selbst wende.

Wie nämlich von humanen Freunden der Kirche eine heilsame Reform derselben durch Berufung an den unterdrückten niederen Klerus als möglich gedacht worden ist, so faßte auch ich die großen Begabungen des Herzens wie des Geistes in das Auge, die aus dem Kreise der jüdischen Sozietät mir selbst zu wahrer Erquickung entgegengekommen sind. Gewiß bin ich auch der Meinung, daß Alles, was das eigentliche deutsche Wesen von dorther bedrückt, in noch viel schrecklicherem Maße auf dem geist- und herzvollen Juden selbst lastet. Mich dünkt es, als ob ich damals Anzeichen davon wahrnahm, daß meine Anrufung Verständnis und tiefe Erregung hervorgerufen hatte. Ist Abhängigkeit in jeder Lage ein großes Übel und Hindernis der freien Entwicklung, so scheint die Abhängigkeit der Juden unter sich aber ein knechtisches Elend von alleräußerster Härte zu sein. Es mag dem geistreichen Juden, da man nun einmal nicht nur mit uns, sondern in uns zu leben sich entschlossen hat, von der aufgeklärteren Stammgenossenschaft Vieles gestattet und nachgesehen werden: die besten, so sehr erheiternden Judenanekdoten werden von ihnen uns erzählt; auch nach anderen Seiten hin, über uns, wie über sich, kennen wir sehr unbefangene, und somit jedenfalls erlaubt dünkende Auslassungen von ihnen. Aber einen vom Stamme Geächteten in Schutz zu nehmen, das muß jedenfalls den Juden als geradesweges todeswürdiges Verbrechen gelten.

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Denn über Eines bin ich mir klar: so wie der Einfluß, welchen die Juden auf unser geistiges Leben gewonnen haben, und wie er sich in der Ablenkung und Fälschung unsrer höchsten Kulturtendenzen kundgibt, nicht ein bloßer, etwa nur physiologischer Zufall ist, so muß er auch als unleugbar und entscheidend anerkannt werden. Ob der Verfall unsrer Kultur durch eine gewaltsame Auswerfung des zersetzenden fremden Elementes aufgehalten werden könne, vermag ich nicht zu beurteilen, weil hierzu Kräfte gehören müßten, deren Vorhandensein mir unbekannt ist. Soll dagegen dieses Element uns in der Weise assimiliert werden, daß es mit uns gemeinschaftlich der höheren Ausbildung unsrer edleren menschlichen Anlagen zureife, so ist es ersichtlich, daß nicht die Verdeckung der Schwierigkeiten dieser Assimilation, sondern nur die offenste Aufdeckung derselben hierzu förderlich sein kann. Sollte von dem, unsrer neuesten Ästhetik nach, so harmlos annehmlichen Gebiete der Musik aus von mir eine ernste Anregung hierzu gegeben worden sein, so würde dies vielleicht meiner Ansicht über die bedeutende Bestimmung der Musik nicht ungünstig erscheinen; und jedenfalls würden Sie, hochverehrte Frau, hierin eine Entschuldigung dafür erkennen dürfen, daß ich Sie so lange von diesem anscheinend so abstrusen Thema unterhielt.

Tribschen bei Luzern, Neujahr (1869)
Richard Wagner.

Anmerkungen

[1] Es wäre nicht unbelehrend und jedenfalls für unsre Kunstzustände bezeichnend, wenn ich mich Ihnen über das Verfahren näher ausließe, welches ich neuerdings, zu meinem wahren Erstaunen, von Seiten der beiden größten Theater Berlins und Wiens, in Betreff meiner Meistersinger kennen lernen mußte. Es bedurfte in meinen Verhandlungen mit den Leitern dieser Hoftheater einiger Zeit, ehe ich aus den von ihnen hierbei angewendeten Kniffen ersah, daß es ihnen nicht allein darum zu tun war, mein Werk nicht geben zu dürfen, sondern auch zu verhindern, daß es auf anderen Theatern gegeben werde. Sie würden daraus deutlich ersehen müssen, daß es sich hierbei um eine wirkliche Tendenz handelt, und offenbar über das Erscheinen eines neuen Werkes von mir ein wahrer Schrecken empfunden wurde. Vielleicht unterhält es Sie, auch hierüber einmal etwas Näheres aus dem Bereiche meiner Erfahrungen zu vernehmen.

Quelle: Richard Wagner, Das Judenthum in der Musik. Leipzig: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber, 1869, S. 12–13, 14–17, 19–20, 22, 24, 43–45, 53–57. Online verfügbar unter: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10599696-6