Kurzbeschreibung

Im Rahmen der Unterzeichnung des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) am 27. Mai 1952 bekräftigen die drei Westmächte Frankreich, Großbritannien und die USA ihre umfassenden Sicherheitsgarantien für Westeuropa und die Bundesrepublik. Die EVG eröffnete die Möglichkeit einer Wiederbewaffnung Westdeutschlands im Kontext einer gemeinsamen Armee; unter anderem sagte sie die Integration verschiedener nationaler Streitkräfte in eine europäische Armee voraus, deren Soldaten die gleiche Uniform tragen würden. Der EVG-Vertrag konnte jedoch nicht in Kraft treten, bis er von allen unterzeichnenden Staaten ratifiziert worden war. Ende August 1954 lehnte die französische Nationalversammlung den Vertrag über eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft ab, und das Projekt wurde zurückgestellt.

Erklärung der Westmächte zu Deutschland, der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und Berlin (27. Mai 1952)

Quelle

Die Regierungen Frankreichs, des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika haben mit der Bundesrepublik Deutschland Konventionen unterzeichnet, die neue Beziehungen mit diesem Land schaffen werden. Diese Konventionen sowie die Verträge für eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft und eine europäische Kohle- und Stahlgemeinschaft, zu deren Unterzeichnern Frankreich gehört, schaffen eine neue Grundlage für die Einigung Europas und für die Verwirklichung einer deutschen gleichberechtigten Partnerschaft in der europäischen Gemeinschaft. Sie sollen verhindern, daß die ehemaligen Spannungen und Konflikte unter den freien Nationen Europas wieder auftreten und jedes zukünftige Wiederaufleben eines aggressiven Militarismus unmöglich machen. Sie gestatten die Beseitigung der besonderen Beschränkungen, die bisher der Bundesrepublik Deutschland auferlegt waren, und ermöglichen ihr, sich als gleichberechtigter Partner an der Verteidigung des Westens zu beteiligen.

Die Konventionen und Verträge entsprechen dem Wunsche, durch gemeinsame Anstrengungen Westeuropas Prosperität und Sicherheit zu geben. Die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten sind der Auffassung, daß die Bildung und Entwicklung dieser Institutionen einer europäischen Gemeinschaft ihren eigenen grundlegenden Interessen entsprechen, und werden ihnen daher jede nur mögliche Unterstützung und Zusammenarbeit zuteil werden lassen.

Die Verteidigung des Westens ist darüber hinaus ein gemeinsames Vorhaben, an dem die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten bereits durch ihre Mitgliedsschaft in der Organisation des Nordatlantikpaktes teilhaben.

Diese Bande werden gegenwärtig durch ein System wechselseitiger Garantien zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft untereinander, zwischen diesen Mitgliedstaaten und Großbritannien, und auch zwischen diesen Mitgliedstaaten und den NATO-Mitgliedern verstärkt.

Aus diesen verschiedenen Gründen, einschließlich der Tatsache, daß diese neuen Garantien auf die betreffenden Staaten nur als Mitglieder der einen oder der anderen dieser Organisationen Anwendung finden werden, haben die Regierungen Großbritanniens und der Vereinigten Staaten, genau wie die Regierung Frankreichs, ein ständiges Interesse an der Wirksamkeit des Vertrages zur Schaffung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft sowie an der Stärke und Integrität dieser Gemeinschaft. Wenn daher irgendeine Maßnahme von irgendeiner Seite die Integrität oder Einheit dieser Gemeinschaft bedroht, werden die beiden Regierungen dies als eine Bedrohung ihrer eigenen Sicherheit ansehen. Sie werden gemäß Artikel 4 des Nordatlantikpaktes handeln. Darüber hinaus haben sie beide ihrem Entschluß Ausdruck verliehen, Truppen in derartiger Stärke auf dem europäischen Kontinent einschließlich der Bundesrepublik Deutschland zu stationieren, wie sie es für notwendig und angemessen erachten, um zur gemeinsamen Verteidigung des Gebietes des Nordatlantikpaktes – in Anbetracht ihrer Verpflichtungen im Rahmen des Nordatlantikpaktes, ihrer Interessen an der Integrität der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft sowie ihrer besonderen Verantwortung in Deutschland – beizutragen.

Die drei Mächte sehen die Sicherheit und das Wohlergehen Berlins und die Aufrechterhaltung der Position der Drei Mächte in dieser Stadt als wesentliches Element des Friedens der freien Welt in der gegenwärtigen internationalen Situation an. Demgemäß werden sie auch weiterhin so lange Streitkräfte auf Berliner Boden stationiert halten, wie ihre Verantwortlichkeiten dies erfordern. Sie versichern deshalb erneut, daß sie jeden Angriff auf Berlin, gleich von welcher Seite, als einen Angriff auf sich und ihre Streitkräfte betrachten werden.

Diese Sicherheitsgarantien treten an die Stelle der in der New Yorker Deklaration der Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten am 19. September 1950 festgelegten Verpflichtungen.

Paris, den 27. Mai 1952

Quelle: Dreimächte-Erklärung (27. Mai 1952), Bundesgesetzblatt, Teil II (1954), S. 343ff.